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Etappenziel und Meilenstein zugleich

Deutscher Kinderhospizverein e.V. veröffentlicht „Handbuch der Kinder- und Jugendhospizarbeit“
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Olpe – Ein Herzensprojekt ist endlich gedruckt: Der Deutsche Kinderhospizverein (DKHV e.V.) veröffentlicht am 01. November 2022 im „hospiz verlag“ das „Handbuch der Kinder- und Jugendhospizarbeit“.
Dieses ist Etappenziel und Meilenstein zugleich. Es vereint als Standardwerk das Erfahrungswissen von betroffenen Familien sowie das Fachwissen von Expert*innen der Kinder- und Jugendhospizarbeit. Mit Beschreibung der Grundlagen sowie der Praxis der Kinder- und Jugendhospizarbeit anhand ihrer drei wesentlichen Handlungsfelder „Ambulant – Stationär – Bildung“ gewährt das Handbuch – aus verschiedenen Perspektiven – einen ersten sowie einmaligen Überblick der Ursprünge und Gegenwart der Kinder- und Jugendhospizarbeit in Deutschland. Darüber hinaus werden Perspektiven und Themen aufgezeigt, die für eine erfolgreiche Zukunft gemeinsam zu gestalten sind.

Einen kleinen Blick hinter die Kulissen dieser Veröffentlichung bietet das folgende Interview mit den beiden Herausgebern: Geschäftsführer des DKHV e.V. Marcel Globisch und Thorsten Hillmann, Leiter der Deutschen Kinderhospizakademie.

Was hat Euch und den Deutschen Kinderhospizverein dazu bewogen, ein solches Handbuch zu veröffentlichen?

Marcel Globisch: Die Idee entstand tatsächlich bereits in den ersten Jahren des Deutschen Kinderhospizvereins. Damals meinten unsere Vorstandsmitglieder Margret Hartkopf und Petra Stuttkewitz, dass wir all unsere Erfahrungen mit den begleiteten jungen Menschen und deren Familien sowie das vorhandene Wissen unbedingt aufschreiben sollten. Auch unser damaliger Geschäftsführer Martin Gierse unterstrich regelmäßig, dass es für unser Arbeitsfeld in den Regalen der Fachbücher eine Lücke gebe. 2016 packten wir das Projekt an. Dass dies sich über so viele Jahre hinziehen und das Buch sich zu solch einem Herzensprojekt entwickeln sollte, das war damals noch nicht abzusehen.

Thorsten Hillmann: Ursprünglich war tatsächlich eine Monografie geplant, ein Buch mit wenigen Gastbeiträgen. Dass es nun gelungen ist, so viel Fachwissen unterschiedlichster Expert*innen zu vereinen und so ein umfassendes Standardwerk zu schreiben – das war wirklich nicht absehbar und hat sich im Laufe der Zeit entwickelt. Das Ergebnis ist jetzt von großer Nachhaltigkeit und hat einen hohen Wirkungsgrad. Mehr als 100 Autor*innen sind beteiligt, das „Who is who“ der Kinder- und Jugendhospizarbeit. Hier ist jede Menge geballtes Wissen zu finden.

Was sind die Inhalte und was macht das Buch aus?

Globisch: In unserem Handbuch geht es sowohl um Grundlagen als auch um die konkrete Praxis in der Kinder- und Jugendhospizarbeit. Es werden die Grundsätze der Kinder- und Jugendhospizarbeit erstmals konsequent aus der Perspektive der Kinder- und Jugendhospizarbeit der Leserschaft vermittelt. Nach einem kurzen geschichtlichen Teil sowie der Vorstellung der unterschiedlichen Fachorganisationen erfolgt zunächst die Definition grundlegender Begriffe, wie zum Beispiel Haltung, Würde, Selbsthilfe oder Begleitung – ab der Diagnosestellung bis über den Tod des Kindes hinaus. Themen sind aber auch gemeinsame Herausforderungen der Eltern, was in der Geschwisterarbeit relevant ist oder Rituale in der Kinder- und Jugendhospizarbeit  

Hillmann: Für uns stand immer die Nutzbarkeit des Handbuches im Fokus – aus der Perspektive der Kinder- und Jugendhospizarbeit immer wieder reflektiert und diskutiert. Auch mit unseren Autor*innen selbstverständlich. Jemand, der neu in der Arbeit ist, kann sich mit unserem Handbuch das Arbeitsfeld erschließen. Von den Grundlagen, den Begriffen bis hin zu konkreten Praxisbeispielen.

Globisch: Zum Beispiel haben wir das „Selbsthilfe-Quadrat“ erschlossen, bestehend aus den vier Feldern: Kompetenz, Selbstbefähigung. Partizipation und Gemeinschaft. Im Grundlagenteil geht es um eine Definition der Begriffe, im Praxisteil sind dann konkrete Beispiele zu finden, wie z.B. Selbsthilfe in der ambulanten Kinder- und Jugendhospizarbeit wirksam wird.

Wer sollte das Handbuch lesen?

Hillmann: An erster Stelle natürlich die Menschen, die in dem Bereich der Kinder- und Jugendhospizarbeit arbeiten. Aber auch Studierenden oder Wissenschaftler*innen, die das Arbeitsfeld entdecken möchten, bietet es eine hervorragende Orientierung. Sicherlich ist es auch für die Politik interessant, weil es sehr komplexe Themen aufarbeitet.

Globisch: Nicht zuletzt kann das Buch in den Qualifizierungskursen für ehrenamtliche Mitarbeitende genutzt werden. Sowohl ehrenamtliche Mitarbeiter*innen als auch die begleiteten Familien sind mit Beiträgen zu finden. Auch für Nachbardisziplinen, wie der Pflege, der Seelsorge, dem Bereich der Selbsthilfe oder der systemischen Familientherapie ist das Handbuch relevant. Wir würden uns besonders über einen interdisziplinären Austausch freuen. Selbstverständlich kann das Handbuch auch für Familien von Interesse sein, die sich tiefgehender mit den Grundlagen und der Praxis der Kinder- und Jugendhospizarbeit auseinandersetzen möchten. Aufgrund des Umfangs und der Komplexität sind aber vor allem die vorher genannten Zielgruppen adressiert.

Was waren die besonders schönen und die schwierigen Momente?

Hillmann: Herausfordernd war die Balance zu finden zwischen der notwendigen Durchdringung eines Themas, dem Diskurs und zeitlichen Maßgaben. Oft sind wir nochmal drei Schritte zurück gegangen, und haben uns einem Thema neu genähert. Das war nicht einfach. Oft haben wir uns in einer Art „Klausurtagung“ bewaffnet mit jeder Menge Schokolade (schmunzelnd) eingeschlossen. Auch dank der Nervennahrung haben wir so manche inhaltliche Klippe gemeistert, auch wenn es anstrengend war.  

Globisch: Und genau hier gab es auch die tollsten Momente – wenn wir ein Thema geknackt haben und es nach und nach Einzug in unsere alltägliche Arbeit hielt. Einfach ein großartiges Gefühl. In einer der letzten Präsenzveranstaltungen vor der Corona-Pandemie im stationären Kinderhospiz „Sternenbrücke“ in Hamburg ging es zum Beispiel um Zukunftsperspektiven. Das zu strukturieren und den Ergebnissen Raum zu geben war herausfordernd und toll zugleich. Für diesen Artikel im Besonderen, weil wir die Auswirkungen der Corona-Pandemie zwischen Workshop und Verschriftlichung des Artikels die „Kinderhospizwelt“ wiederentwickelt hat und wir Anpassungen des Beitrags unterm

Hillmann: Ein Meilenstein war auch, als der Vorstand des DKHV e.V. die Wichtigkeit des Handbuches betonte und finanzielle Mittel zur Verfügung stellte, damit Katrin Weimann die Projektkoordination übernehmen konnte. Es entstand eine besondere Dynamik und es wurde nochmal größer gedacht. Wir hatten nie einen Moment, in dem wir das Buchprojekt aufgeben wollten.

Globisch: Es war ein sehr emotionaler Moment, als ich im Beisein meiner Familie die ersten Bücher ausgepackt habe und in der Hand hielt. Ein besonders bewegender Moment war auch, als ich nach all den Jahren Arbeit, die Danksagung geschrieben habe.

Welche Bedeutung hat das Cover?

Hillmann: Das Cover zeigt den „Zeit-Raum-Kreis“, den die Künstlerin Anna Löffler zum 25-jährigen Jubiläum des DKHV e.V. geschaffen hat. Hubertus Sieler, Ansprechpartner für Familien, und Projektkoordinatorin Katrin Weimann haben 10 oder 12 Vorschläge gesammelt. Wir fanden den Kreis zeitlos und passend. Er ist ein verbindendes Element der Kinder- und Jugendhospizarbeit in ganz Deutschland.

Was wünscht Ihr euch für das Buch und seine Inhalte nach der Veröffentlichung?

Globisch/Hillmann(gleichzeitig, lachend): Dass es gelesen wird!

Hillmann: Ich hoffe, dass die Menschen, die es lesen, sich intensiv mit den Inhalten auseinandersetzen. Damit wäre schon eine Menge erreicht. Außerdem wäre es natürlich toll, wenn das Handbuch als gut und wichtig wahrgenommen wird.

Globisch: Unser größter Wunsch wäre, wenn sich das Handbuch zu einem Standardwerk entwickelt, dies kann aber nur durch den Gebrauch des Buches in der Praxis entstehen. Vielleicht wird es auch in Fachzeitschriften rezensiert. Eines ist sicher: Wir sind sehr gespannt, stolz und freuen uns, dass es nun endlich gedruckt ist und gelesen werden kann.

 

Klappentext:

Die Kinder- und Jugendhospizarbeit hat sich seit ihrer Begründung Anfang der 1990er Jahre stetig weiterentwickelt und ist zu einer wichtigen Säule des Unterstützungssystems für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene mit lebensverkürzender Erkrankung sowie ihrer An- und Zugehörigen geworden. Ausgehend von den individuellen Bedürfnissen der Familien und ihrem Erfahrungswissen als Expert*innen in eigener Sache, getragen von dem Engagement und Fachwissen der haupt- und ehrenamtlich Mitarbeitenden, bietet die Kinder- und Jugendhospizarbeit heute ein vielfältiges Angebot der Begleitung, Beratung und Unterstützung.

30 Jahre an der Seite der Familien, unzählige Begegnungen und Begleitungen, fachliche Diskussionen in regionalen sowie überregionalen Bezügen, neue Orte der Begleitung und Versorgung, die Weiterentwicklung von Inhalten und Konzepten, Bildungsarbeit sowie gesundheits- und sozialpolitisches Engagement – alle Aktivitäten eint stets die grundlegende Motivation, gute Kinder- und Jugendhospizarbeit für junge Menschen mit lebensverkürzender Erkrankung und ihre Familien zu ermöglichen.

 

Zum Verein:
Der Deutsche Kinderhospizverein e.V. (DKHV e.V.) wurde 1990 von betroffenen Familien gegründet. Der Verein ist Wegbereiter der Kinderhospizarbeit in Deutschland. Mit ambulanten Kinder- und Jugendhospizdiensten bundesweit an mehr als 30 Standorten begleitet und unterstützt er Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene mit einer lebensverkürzenden Erkrankung und deren Familien. Mit über 140 hauptamtlichen und mehr als 1.300 ehrenamtlichen Mitarbeitenden unterhält der DKHV e.V. seine zentrale Geschäftsstelle im Haus der Kinderhospizarbeit in Olpe. Unter seinem Dach bietet die Deutsche Kinderhospizakademie jährlich mehr als 50 Seminar-, Begegnungs- und Bildungsangebote für betroffene Familien, ehrenamtliche Begleiter und Interessierte an. Der Verein ist eine bundesweite Fachorganisation und vertritt als solche die Interessen zahlreicher ambulanter und stationäre Kinder- und Jugendhospizangebote mit dem Ziel die Kinder- und Jugendhospizarbeit und deren Strukturen zu stärken. Darüber hinaus thematisiert der DKHV e.V. die Lebenssituation, das Sterben und den Tod von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit einer lebensverkürzenden Erkrankung in der Öffentlichkeit.

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